Wir erfreuen uns gern am Rauschen der Baumkronen und an den schönen Blättern und Blüten. Dabei vergessen wir jedoch den eher unscheinbar wirkenden Stamm mit der oft rauen Ummantelung. Wussten Sie, dass ein Baum ohne Rinde nicht überleben kann? Und dass hinter dieser Schutzschicht noch viel anderes liegt? Werfen Sie mit uns einen Blick in die Welt der Baumrinde.
Aufbau der Baumrinde
Ein wenig Theorie zu Beginn: Die Baumrinde besteht aus der Borke, die wir als raue, meist schuppenartige Haut des Baumes wahrnehmen, und dem Bast. Dieser enthält ein beeindruckendes Leitungssystem, das den in der Baumkrone angereicherten Saft in alle lebenden Teile des Baumes transportiert. Wird dieses Leitungssystem zerstört, verhungert und verdurstet der Baum. Unter dem Bast befindet sich das Kambium, der lebende Teil der Baumrinde, der mit teilungsfähigen Zellen versehen ist. Das Kambium ist für das Dickenwachstum des Baumes zuständig. Die Zellen des Kambiums können sich, wenn sie einmal abgestorben sind, nicht mehr selbst regenerieren. Eine grossflächige Verletzung führt also dazu, dass sich Baumwunden nicht mehr schliessen können. Das führt unweigerlich zu Pilzbefall oder Infektionen und lässt den Baum langsam absterben. Die Rinde hat also die Aufgabe, das Kambium und den Bast zu schützen und somit den Baum am Leben zu erhalten. Nach dem Kambium folgen das Splint- und das Kernholz sowie das Mark.
Baumrinde – ein Allroundtalent
Die Baumrinde ist vielseitig einsetzbar, sogar in der Küche. Was sie alles kann und wer sie als Kletterhilfe nutzt, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Natürlicher Schutzschild
Die Rinde ist ein natürlicher Schutzschild. Sie schützt das Bauminnere vor Kälte, Hitze und Verdunstung sowie vor anderen Wettereinflüssen wie Hagel oder Sturm. Ausserdem beinhaltet sie Gerbsäure, die neben Harz oder Schleim als Abfallprodukt über die Rinde abgesondert wird. So schützt sich der Baum zusätzlich vor äusseren Faktoren, denn das mögen insbesondere Insekten nicht.
Lebensraum für Tiere und Pflanzen
Spinnen, Käfer, Ameisen und andere Insekten nutzen die Baumrinde als Wohn- und Kinderzimmer. Das lockt wiederum Tiere wie Vögel an, die sich von diesem reichhaltigen Buffet ernähren. Eichhörnchen essen nicht nur die Nüsse oder Samen der Bäume, sie knabbern auch gern an der Rinde. Und verschiedene Pflanzen nutzen den Baumstamm als Kletterhilfe, um mehr Sonnenlicht zu erhalten.
Attraktiver Hingucker im Garten
Nein, es gibt nicht nur die gewöhnlich aussehende, braune Rinde. Bei zahlreichen Bäumen ist die Baumrinde ein wahrer Hingucker. Nehmen wir beispielsweise die verschiedenen Ahornarten. Die meisten Borken sind nicht nur glatt, sondern haben Musterungen oder spezielle Farben. Der Korallenrinden-Ahorn fasziniert mit einer kräftigen roten Rinde, während der Rostbart-Ahorn mit seinem dezenten Rotton eher unaufdringlich wirkt. Einer ganz anderen Gattung angehörend überrascht der Flügel-Spindelstrauch zwar nicht mit Farbe, dafür mit seiner Form: Er weist vier auffällige Korkleisten auf der Rinde auf. Auch die Rinden der Japanischen Kirschblüte, des Hartriegels oder der schwarzen Himbeere sind es wert, einen Blick zu riskieren.
Für die Gaumenfreuden
Wir kennen ihn alle – den Zimt. Auch dieser stammt aus der Rinde eines Baumes. Um genau zu sein, aus der des Zimtbaumes. Den altbekannten, etwas süsslich schmeckenden Ceylon-Zimt gewinnt man aus der Rinde von Ästen eines maximal zweijährigen Baumes. Der herbere Cassia-Zimt wird aus der dicken Rinde des Cinnamonum Arromaticum gewonnen.
Eine weitere Rinde, die man öfter in der Küche antrifft, ist die des Korkbaumes. Als schwer entflammbares Material und als Verschluss für zum Beispiel Weine ist diese Rinde besonders gefragt. Die Arbeiter entrinden dafür alle zehn bis zwölf Jahre den kompletten Stammbereich des Baumes. Entgegen der bislang erlernten Theorie stirbt der Korkbaum jedoch nicht ab, da das Kambium nicht mit der Borke verbunden ist. Der Baum erholt sich und nach rund einem Jahrzehnt kann wieder neuer Kork gewonnen werden. Der Korkbaum ist also in vielerlei Hinsicht ein echtes Wunder.